Erotikdrama von Regisseurin Danielle Arbid

Passion simple – Die Geschichte einer einfachen, aber verzehrenden Leidenschaft – Buch Annie Ernaux

mit: Laetitia Dosch, Sergei Polunin und Caroline Ducey; Regie: Danielle Arbid

Leidenschaft

Das hätte auch eine Überschrift zum Buch des Tages werden können – Leidenschaft, allerdings mit dem Unterschied, dass sich im heutigen Film eine Frau für einen Mann regelrecht verzehrt, während in „Justine“ beinahe ganze Scharen von Männern an der bezaubernd schönen und geheimnisvollen Jüdin Justine verzweifeln. Der Name der Frau im Film – Hélène (Laetitia Dosch), Literaturprofessorin, alleinerziehend mit einem Sohn, eine Frau also, beruflich wie auch privat erheblich belastet. Schon eine, wenn nicht die entscheidende Erklärung für ein ganz bestimmtes Defizit, welches Frauen besonders trifft, deren Unterleib noch nicht völlig erkaltet ist …

Wie ein Blitz

… schlägt er daher bei ihr ein und erweckt ihre schlummernde Leidenschaft. Der schlanke, gut aussehende, gut gekleidete, mit guten Manieren ausgestattete Russe Alexandre (Sergei Polunin), Mitarbeiter in der russischen Botschaft in Paris. Sie war ihm zufällig während eines Aufenthalts in Porto auf einer Party begegnet, auf die eine Liebesnacht voller verzehrender Leidenschaft folgt. Zurückgekehrt nach Paris begegnet Hélène ihrem Liebhaber immer öfter, Zufall oder eingefädelt? Immerhin ist Alexandre verheiratet und Hélène hat einen Sohn, dem die Passion der Mutter nicht verborgen bleibt. Wird ihr die Affäre zum Verhängnis? In ihrer Lust auf diesen Mann reist sie ihm sogar bis nach Moskau nach …

Die Regisseurin

Danielle Arbid – Französin, in Beirut, Libanon geboren, als Regisseurin und Drehbuchautorin seit 1997 tätig. Sie verließ den Libanon 1987 auf dem Höhepunkt des Bürgerkriegs im Alter von 17 Jahren, um an der Sorbonne-Universität in Paris Literatur zu studieren. Außerdem studierte sie Journalismus.
Zahlreiche ihrer Arbeiten fanden Eingang in verschiedene Filmfestivals, so zum Beispiel in Cannes, Toronto, New York, San Francisco, Busan und das San Sebastián Film Festival. Danielle Arbids „Simple Passion“, eine einfache Leidenschaft, ihr vierter Spielfilm, wurde 2020 in die offizielle Auswahl von Cannes aufgenommen.

Romanvorlage

Der Film ist die Adaption auf einen Roman von Annie Ernaux aus dem Jahre 1991, der wenig später auch in Deutsch unter dem Titel „Eine Leidenschaft“ erschien. Eine Leidenschaft – Über die kleinen Demütigungen und Erniedrigungen der Besessenheit und des Verlassenseins. Die Autorin über das Buch: „Ich habe mich zuweilen gefragt: Ist das jetzt eine Art Geständnis, wie man sie in manchen Frauenzeitschriften findet? Das Protokoll einer Passion? Ein Manifest der Leidenschaft? Das ist es ja in gewisser Weise. Aber wie dem auch sei – ich hatte das Bedürfnis, alles zu erzählen …“ Annie Ernaux erhielt im Jahre 2022 den Literaturnobelpreis.

Der Film

Leidenschaft – „Seit September letzten Jahres habe ich nichts anderes getan, als auf einen Mann zu warten.“ Hélène (Laetitia Dosch). Eine Frau, wie man sieht, nicht mehr ganz so jung, aber in den besten Jahren, im gleisenden Licht der Großstadt – allein. Sie erinnert sich. „Wenn ich nicht schlafen kann, denke ich oft an Porto. Wo ich eine Woche war, bevor ich ihn das erste Mal getroffen habe.“
Als zentraler Teil der Erinnerung, eine Liebesszene voller Leidenschaft in Hélènes Hotelzimmer. Sie ist enttäuscht, weil er, kaum dass der Rausch vorüber ist, gehen muss. Bevor er geht, betrachtet er noch einmal ihren nackten Körper.

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Er nimmt sie brutal. Dann lächelt er und geht

Schnitt und Sprung nach vorn in die auf das Erlebnis folgende Realität, der Haushalt, der Sohn, der triste Alltag. Egal wo sie ist, egal, was sie tut, immer wieder gehen ihr die Bilder, die Erinnerungen an die Liebesnacht durch den Kopf. Nach einem Besuch im Kino versucht Freundin Anita (Caroline Ducey) Hélène eine Dating App schmackhaft zu machen, doch sie hat kein Ohr dafür.
Unerwartet klingelt mitten am Tag das Telefon, Alexandre (Sergei Polunin), er will sie sehen. Panik, nervös erwartet sie ihn in ihrer Wohnung, doch als er erscheint, fällt er voller Leidenschaft ohne ein Wort über sie her, ohne sie und sich zu entkleiden, nimmt er sie brutal. Dann lächelt er und geht.

Wie eine Teenagerin

Alexandre geht ihr nicht mehr aus dem Kopf, ob bei der Arbeit oder privat, sie vernachlässigt ihren Sohn. Hin und wieder treffen sie sich, alles reduziert sich auf Sex, selbst die wenigen Worte, die sie wechseln. Wie eine Teenagerin übergibt sie Alexandre ein Briefchen, er soll es später lesen. „Ich denke jeden Tag an Dich“, er wirkt genervt. Hélène lernt nebenbei Russisch.
Es dauert eine Weile, bis es auch zu substanziellen Gesprächen kommt. Ein Stück aktuelle Politik. Die Franzosen haben Angst vor den Russen, sagt er. Sie hebe keine Angst, erwidert sie. Hélène will wissen, ob er ein Spion ist, er hält sich bedeckt. Leidenschaft – Passion simple, auch bei Amazon prime>>>

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Besessen von ihrer Leidenschaft

Er erzählt von seiner Kindheit. Seine Mutter verlangte stets von ihm, dass er zu den Starken gehören soll. „Wir Russen sind nicht gern schwach …“
Sie stört sich nicht an den Differenzen, an dem Trennenden, auch nicht daran dass er verheiratet ist, sie ist besessen von ihrer Leidenschaft für ihn.
Es folgt eine Zeit der Einsamkeit, nachdem er ihr eröffnete, dass er Paris für eine Zeit verlassen muss. Sie widmet sich ihrem Sohn, beide verreisen, sie versucht sich anderweitig zu beschäftigen – Alltag. Doch es nützt nichts, sie ist ihm bereits verfallen.

Die katastrophale Wende

Nach seiner Rückkehr treffen sie sich wieder regelmäßig. Er kritisiert ihr Outfit, kurzer Rock, halterlos Strümpfe. „Ich will nicht, dass du herumläufst wie eine Nutte.“ Sie kritisiert seinen exzessiven Alkoholgenuss. Kulturelle Differenzen, es kommt zum Streit. Der sich aber schnell legt, obgleich sie seine Gewohnheiten nicht mag. „Er liebt Seifenopern und steht auf Pussys, das macht mir aber nichts aus“, sagt sie zu ihrer Freundin.
Nachdem Hélène versucht, Alexandre für sich zu vereinnahmen, nehmen die Ereignisse eine katastrophale Wende. Leidenschaft – Passion simple, auch bei Amazon prime>>>

Leidenschaft – Passion simple

Der Film ist reichlich gespickt mit fantasievollen, sehr erotischen Liebesszenen, von zart und sanft bis hart, zeitweilig unterlegt mit sehr guter Musik. Liebhaber nackter Körper kommen auf ihre Kosten, das sollte bei einem Erotikfilm, ohne erdrückend zu wirken, eben auch so sein.
Eine Charakterstudie, Gefühle sind irrational, oder können es wenigstens sein, wenn einer von beiden allein darauf aus ist, seinen Spaß zu haben. Das passiert nur Teenagern? Weit gefehlt, das kann jedem passieren, selbst einer Literaturprofessorin, die eigentlich voll im Leben steht. Ewas mehr Tiefgang hätte dem Film durchaus gut getan, dennoch gibt es einen Daumen nach oben, sehenswert.

Buch des Tages

Leidenschaft – das Wort hätte auch auf das Buch des Tages gepasst, sowohl was die handelnden Personen betrifft, wie auch den Handlungsort – Alexandria – das sündige, das verruchte Alexandria, im Gluthauch der Wüste und eine erregende Frau, heiß wie die Wüste, nymphoman, geradezu eine Qual für alle Männer die sie lieben und begehren. Eine Frau, die alle in ihren Bann schlägt.
Justine – der Roman von Lawrence Durell, ein Klassiker der Erotik, Teil einer Tetralogie, „Das Alexandriaquartett“, von der Kritiker behaupten, Durell hätte dafür den Literatur-Nobelpreis verdient gehabt.

Justine

Endlich tritt sie weich, zögernd, vorsichtig Schritt für Schritt und mit einem leisen Seufzer in die laute Helligkeit.
Und dann zu anderer Zeit […] wie rührend, wie weiblich-fügsam konnte diese männlichste und wendigste aller Frauen sein. Sie erinnerte mich an die furchtbaren Königinnen, die den Ammoniakgeruch ihrer Inzestlieben zurückließen, einen Geruch, der wie eine schwere Wolke über dem Unterbewusstsein Alexandrias lastet […] Doch hinter ihren Handlungen lag etwas anderes, geboren aus einer tragischen Philosophie späterer Zeit, in der die Moral mit den persönlichen Leidenschaften im Gleichgewicht gehalten werden musste … Ausführliche Leseproben>>>

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