Offener Brief – Herr Bundespräsident Frank Walter Steinmeier
Soll Verantwortung und Schuld der Deutschen am Holocaust auf Ewigkeit bestehen?
Herr Bundespräsident, auf ein Wort, bitte, das wird doch wohl möglich sein …? Dieser Beitrag erschien zuerst im Januar 2020 auf www.frank-c-mey.com
Ein Wort als Vorbemerkung
Wie an anderen Stellen bereits angemerkt, stelle ich meinen Blog „frank-c-mey.com“ peu á peu ein und übernehme einige Beiträge, die mir als wichtig erscheinen, in diesen Blog, diesen in die Rubrik „Der Autor – Zeitgeschehen“, einige andere in der Rubrik „Die andere Seite“. Seit dem Januar 2020 ist einiges geschehen, ein erbarmungsloser Krieg in Europa, der barbarische Überfall der Hamas auf den Staat Israel und nicht zuletzt die bevorstehenden Landtagswahlen in drei Neuen Bundesländern, verbunden mit der bangen Frage: Was hat die AfD so stark gemacht? Vielleicht hat es ja auch etwas mit dem Thema dieses offenen Briefes zu tun? Und ich möchte hier schon einmal klar voranstellen: Erinnerungskultur ja, Schuldkultur Nein.
75 Jahre Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau
Herr Bundespräsident, darüber sollte Einigkeit bestehen. Der 27. Januar 1945 – einer der Tage, an denen das Grauen Gesichter bekam. Wie vorher in Majdanek und Treblinka, wie später im Mittelbau Dora, in Buchenwald und anderswo. Berge an Leichen, Berge an Resten menschlichen Lebens, ausgemergelte Gesichter, die kaum noch menschliche Züge trugen. Das grauenvolle Ergebnis einer wahnwitzigen Idee, ein kollektives Verbrechen, ausgeführt von Tätern aus Überzeugung, aus Mitläuferschaft und nicht zuletzt aus Angst, selbst auf dem Richtblock zu landen, wer den Befehl verweigert.
Wesenszüge der Diktatur
Wer in einer Diktatur gelebt hat, der weiß dass es stets auch um das eigene Leben, um die eigene Gesundheit, um die eigene Freiheit und die Freiheit der nächsten Angehörigen geht, wenn man sich offen dagegen stellt. Heldentum ist keine vorherrschende Eigenschaft unserer Spezies.
Zutiefst bewegt habe ich die Rede des Überlebenden Abba Naor anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des KZ Dachau am 03.05.2015 verfolgt, in der er sagte: „Wenn sie nun glauben, die Nazis waren unmenschlich, dann irren sie, sie waren Menschen, wie sie und ich. Und das ist ja das Furchtbare daran.“
Die Streitkultur hierzulande ist heruntergekommen
Selbst KZ-Kommandanten waren, wie berichtet wird, liebevolle Väter, die mit ihren Kindern spielten, nachdem sie tausende in die Gaskammern getrieben hatten.
Ich stelle diese Worte voran, Herr Bundespräsident, um nicht in den Verdacht zu geraten, zu denen zu gehören, die diese Verbrechen an der Menschheit verharmlosen oder gar vergessen machen wollen. Leider ist die Streitkultur in diesem Lande auf ein Niveau herab gesunken, welches derartige Befürchtungen zulässt, in dieser wie in anderen Angelegenheiten. Vielleicht hat das zu Verwerfungen geführt, weil oft zu schnell der Finger gehoben oder auf einen gerichtet wird?
Vergessen, nie, Gedenken, ja, aber Schuld?
Daran hat die Politik keinen geringen Anteil. Aus Respekt vor den Opfern erscheint dieser Brief außerdem einen Tag nach dem 27. Januar, dem Tag, an dem die Welt der Toten im KZ Auschwitz-Birkenau gedenkt und gleichzeitig an alle Opfer aus dieser für Deutschland so beschämenden Zeit.
Vergessen, nie, Gedenken, ja, ewige Mahnung, ja, doch wie sieht es mit Verantwortung und Schuld aus? Und wer hat das Recht, uns allen, den Deutschen, eine unvergängliche Verantwortung und somit eine unvergängliche Schuld aufzubürden?
Sehr geehrter Herr Bundespräsident
In Ihrer Rede, Herr Bundespräsident, in der nationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem heißt es: „Unsere deutsche Verantwortung vergeht nicht. Ihr wollen wir gerecht werden. An ihr sollt Ihr uns messen.“
Wie kommen Sie darauf? Dass dieses Deutschland territorial nicht mehr identisch ist mit dem von 1933 bis 1945, unwesentlich. Doch wie sieht es mit den Deutschen aus? 83 Millionen, die einen deutschen Pass besitzen, die auf dem Territorium des Staates leben, der sich Bundesrepublik Deutschland nennt, die hier geboren, die zugewandert oder geflüchtet sind und hier Schutz gefunden haben, die einst kamen um Arbeit zu finden.
Ist Schuld und Verantwortung etwa vererbbar?
Oder einfach all jene, die sich als Deutsche fühlen. Die erdrückende Mehrheit all derer, egal woher sie kommen, egal warum sie hier leben, egal was sie verbindet, egal was sie trennt, eint aber ein einziger Sachverhalt: sie sind nach dem 30. Januar 1933 geboren. Sie trifft keine Schuld und somit keine Verantwortung und schon gar keine kollektive, es sei denn, der Einzelne ist bereit, aus welchem Grunde auch immer, eine solche zu übernehmen. Das stünde auch Ihnen frei, Herr Bundespräsident. Doch mit welchem Recht sprechen sie für Deutschland? Ich, wie Millionen andere, fühle mich nicht verantwortlich wie ich mich auch nicht schuldig fühle, oder ist Schuld Ihrer Meinung nach vererbbar?
Wer hat Sie gewählt, Herr Bundespräsident?
Sie sind nicht einmal gewählt, jedenfalls nicht nach den Prinzipien, die einer westlichen Demokratie gerecht werden. Dass das Grundgesetz der BRD ihren Status legitimiert, Herr Bundespräsident, heilt diesen Umstand noch lange nicht, weil auch dieses Grundgesetz zu keiner Zeit eine demokratische Legitimation erfuhr. Wenn auch immer mal wieder Politiker erklären, es habe sich bewährt, das Grundgesetz. Man hat sich darin eingerichtet, nicht mehr und nicht weniger, aber zu aller, wenigstens der Politiker, Zufriedenheit.
Die Legende vom Steigbügelhalter
Selbst einer der wichtigsten Gründe, der seinerzeit Ihrem beschränkten Machtstatus Pate stand, ist inzwischen hinreichend widerlegt. Jeder der die Geschichte kennt, weiß was ich meine. Nur wenige, vornehmlich links orientierte Historiker, halten an den Legenden fest, der Reichspräsident sei Hitlers Steigbügelhalter gewesen. Nun kann man man Ihnen dieses Defizit nicht zur Last legen, eher denen, die für die Ausgestaltung und erforderlichenfalls Fortschreibung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zuständig sind, doch die tun nichts, warum auch, man hat sich doch gut eingerichtet.
Der Riss in unserer Gesellschaft
Wie fühlt man sich denn als Repräsentant, dessen Kür in einem mehr als traurigen Prozess zwischen den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien ausgehandelt wird, Herr Bundespräsident? Für ausgehandelt könnte man auch ein anderes Wort verwenden, das wäre aber unhöflich Ihnen gegenüber. Die Hälfte der Wahlfrauen und Männer, die ihnen wie anderen vor ihnen in dieser Inszenierung ihre Stimme gaben, ist auch nicht demokratisch gewählt worden, sondern von Interessenvertretern der Parteien ausgewählt, die sich an das Ritual halten, das eher dem „Zettelfalten“ ähnelt, wie wir es in der verstorbenen DDR schon kannten.
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Es gibt auch Kritiker
Allein schon dieser Grund verleiht Ihnen nicht das Recht, für Deutschland, für die Deutschen zu sprechen, Herr Bundespräsident. Mit solchen Bekenntnissen wie dem in Yad Vashem tragen sie wenig dazu bei, dass sich der immer tiefer werdende Riss in dieser, unserer Gesellschaft nicht noch weiter vertieft und neben den zahllosen Claqueuren, die Ihren Auftritt bejubelten, gibt es ja auch einige Kritiker, die Ihren Auftritt weniger aufregend fanden. Und damit meine ich nicht die ewig Gestrigen, denen jegliche Erinnerungskultur ein Dorn im Auge ist und die Stätten der Erinnerung als Schandmale bezeichnen.
Selbstherrlichkeit
So wichtig es ist, dass sich an einem solchen Tag ein hochrangiger Deutscher zur Schuld derer bekennt, die diese Verbrechen verübt haben, so wenig haben Sie denen einen Gefallen getan, die Sie erneut in kollektive Staats-Haft nehmen, Herr Bundespräsident. Vielleicht lohnt es sich, darüber nachzudenken woher zunehmender Antisemitismus stammt. Abgesehen von dem, den wir tagtäglich in unser Land hinein lassen. Hass entsteht auch dort, wo man Menschen permanent eine Schuld unterzuschieben versucht, die keiner mehr versteht. Und jeder weiß, dass es hierbei nicht allein um verbale Zuwendungen geht.
Arroganz der Macht
Den Anfängen wehren kann auch beinhalten, dass man wieder denen sein Ohr zuwendet, die nicht hinreichend dazu in der Lage sind, sich differenziert genug zu einem derart schwierigen Thema zu äußern und daher bisweilen dazu neigen, den Populisten auf den Leim zu gehen.
Doch gewinnt man gelegentlich den Eindruck, dass Teile der Politik zunehmend in Selbstherrlichkeit versinken, manche nennen es Arroganz der Macht. Dieser letzte Teil des Briefes war an sich nicht vorgesehen. Die Idee entstand am Abend des gestrigen Tages, dem 27. Januar 2020. Eine im Thüringer Landtag vertretene Partei beging im Tivoli zu Gotha ihren 30. Gründungstag.
Die Politik feiert sich selbst
Doch anstatt all jene zu ehren, die vor 30 Jahren unter schwierigsten Bedingungen diesen Parteitag vorbereiteten, feierten sich Parteiführung nebst einer Hand voll Lokalpolitiker in ihren acht Prozent der letzten Landtagswahl. Man könnte es als eine Momentaufnahme bezeichnen, wäre da nicht die Symptomatik der öffentlichen Wahrnehmung von Politik schlechthin. Niemand möchte glauben, um auf den Ausgangspunkt zurück zu kommen, dass Ereignisse wie der 27. Januar und dessen Vorfeld zum selben Zweck benutzt werden. In diesem Sinne, Herr Bundespräsident,
mit freundlichen Grüßen
der Autor dieser Seite
Nachbemerkungen
Wie eingangs bereits bemerkt, wir schreiben jetzt August 2024, der Brief wurde leider nicht beantwortet, was ich auch nicht anders erwartet hatte. Aber seit dem 13. Februar 2022 erlebt der Herr Bundespräsident Steinmeier seine zweite Amtszeit, schön für ihn, doch noch besser wäre es, er würde, außer hin und wieder zu reden, auch einmal etwas sagen, in dieser turbulenten Zeit. Das tut er aber nicht, er ist eben ein bequemer Herr Bundespräsident, darum war man sich in seinem Wahlgremium auch sehr schnell darüber einig, dass er noch einmal für vier Jahre bleiben darf.
Im Deutschen Bundestag
Immer wenn ich über den Zustand dieser, unserer Demokratie nachdenke und die Zeit dafür habe, nehme ich mir Roger Willemsen zur Hand, schlage das Buch an einer beliebigen Seite auf, um ein paar Seiten darin zu lesen. Es ist immer wieder interessant und selbst acht Jahre nach der Erstveröffentlichung hat sich scheinbar nichts verändert, warum auch? Die Frage steht schon weiter oben, man hat sich doch so richtig gut eingerichtet. Und mit der Wahlrechtsreform lässt man sich Zeit und das Parlament wächst, und wächst, und wächst, schön für die Parlamentarier.
Aus dem Klappentext
Ein Jahr lang sitzt Roger Willemsen im Deutschen Bundestag – nicht als Abgeordneter, sondern als ganz normaler Zuhörer auf der Besuchertribüne im Berliner Reichstag. Es ist ein Versuch, wie er noch nicht unternommen wurde. Das gesamte Jahr 2013 verfolgte er in jeder einzelnen Sitzungswoche … Er erlebt nicht nur die großen Debatten und Feierstunden, sondern auch Situationen, die nicht von Kameras erfasst werden … Der Bundestag, das Herz unserer Demokratie funktioniert – aber anders als vielleicht gedacht. Vielleicht auch eine Lektüre für Sie, Herr Bundespräsident?
Blog Highlights
Erotische Literatur – Klassik & Moderne | Erotische Fotografie – F. C. Mey & Gäste | Filme nach erotischen Romanvorlagen u. a. | Sexolosophie & Satire |
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Meine Bücher
Mutterliebe | Chrissys Tagebuch Teile 1 und 2 | Dunkle Perlen | Hemmungslos frivol | Regenwürmer vertragen kein Coffein | Lustreigen – Eine pornografische Adaption |
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Verlorene Generationen I und II | 2021 |
Verlorene Generationen
Roman einer Familie Teile I und IIFlucht und Vertreibung – ein Thema, am Tag der Veröffentlichung des Romans so aktuell wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Der Roman einer Familie, der Roman einer Flucht, der das Wort Mord hinzuzufügen wäre. Die Handlung beginnt im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs in Westpreußen, sie führt den Leser nach Königsberg, von dort, der Krieg bereits beendet, in das Herz des Reichs. Alles verloren, in der Hoffnung, ein kleines Stück Leben, eine neue Heimat zurück zu gewinnen. Lina von Leutenberg sucht verzweifelt Halt, sie schwankt hin und her, die Entscheidung, die Heimat zu verlassen, fällt ihr schwer. Ein Einzelschicksal, das für Unglück und Leid von Millionen steht. | |
Westpreußen - Gut des Barons Albrecht von Leutenberg Die Familie lädt traditionell am Neujahrstag benachbarte Grundbesitzer, Bauern sowie die leitenden Angestellten der Güter und Freunde zu einem Festessen ein. Die Stimmung getrübt, nicht allein weil seit Tagen eine dichte Wolkendecke, die tief über der verschneiten Landschaft hängt, das Gefühl vermittelt, der Pulverdampf der Herbst-Kämpfe an der Ostfront habe sich wie ein durchnässtes Handtuch, schwer und wabernd, über die Köpfe der Menschen hinweg gespannt, was selbst das Atmen zur Last werden lässt. Doch nicht allein das Wetter bedrückt, der seit 1914 tobende Krieg, der größte, den die Welt bis dahin kennenlernte, riss tiefe Wunden in zahlreiche Familien. |
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Die Baronin: Wir kämpften stets für dieses, für unser Land, egal an welchen Herrscher wir unsere Steuern zahlten, und wenn unser Herrgott jemals herab auf diese Erde steigen sollte, dann wird das hier in unserer geliebten Heimat sein ... „Außerdem haben wir den Polen nichts weggenommen“, meldet sich die Baronin abermals zu Wort, „dieses Land gehört uns seit Jahrhunderten, an uns übertragen von denen, die hier seinerzeit die Herrschaft ausübten. Unsere Vorfahren haben Wälder gerodet, Sümpfe trocken gelegt, Straßen gebaut, sie nahmen Land in Besitz, das andere vor ihnen für unbewohnbar hielten." Alle Leseproben>>> |
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Verlorene Generationen- Teil II Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg - das Versprechen, das Alfred Mälzer seiner Frau Lina in Königsberg gab, ihr werde es in seiner Heimat nicht schlechter gehen, versucht er mit allen Mitteln einzuhalten. Von einem Freund getrieben und nach längerem Zögern schließt er sich einer völkisch-nationalen Bewegung an. Hier bekommt er die Anerkennung, die ihm im Elternhaus und seinem früheren Umfeld verwehrt blieb. Doch die Enttäuschungen lassen auch hier nicht lang auf sich warten. |
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In Teil II lernen wir nun auch die Familie des zweiten Teils der Vätergeneration kennen. Werner Kruse, Spross eines sozialdemokratischen Familie, Eisenbahner. Trotz Entbehrungen, die auch seine Familie nach dem Krieg erdulden muss, beginnt er im Jahre 1920 das geplante Studium an einem renommierten Technikum. Eine Dummheit im Sommer davor bringt ihm eine ungewollte Vaterschaft ein. Seine einzige Tochter Hildegard kommt im Jahre 1921 zur Welt. Beide, Kruse und Mälzer kennen sich bereits aus der Schule, es kommt zu einer zufälligen Begegnung, der Anfang von Divergenzen bis hin zu Feindschaften, die über mehrere Generationen hinweg erhalten bleiben werden und somit einen Spiegel der jüngeren deutschen Geschichte mit all ihren Widersprüchen und tiefen Gräben darstellen …Alle Leseproben Teil II |
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Kommentar hinterlassen zu "Herr Bundespräsident, ist Schuld endlos? (01/2020)"